Met ana oanders schwoarzn Tintn
Dulli-Dialektgedichte
[ ] Franzobel
ISBN: 978-3-85252-305-7
21 x 15 cm, 98 S., m. Abb., Hardcover
15,00 €
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Kurzbeschreibung
Blöd
Da Herr Kurz trifft de Frau Lang,
na ja, was soll ma soagn,
lang woarn de zwei net zam.
Der Herr Kurz trifft die Frau Lang,
er lernt sie schätzen näher, kennen,
macht se was aus und ladt sie ein,
sagt Kurz, mein Name,
bin ich angebunden nie.
Na dann, meint die Frau Lang,
ich komm ja von der anderen Seitn,
langsam gehen mirs an, nur net z‘schnell
nur net mit Gwalt.
Das war dem Kurz zu lang,
sagt er, so geht das nicht,
so kommen nie wir nicht zsam.
So nicht.
Acht Joahr später, dem Kurz,
langweilig wie ihm ist, überlegt er,
fallt ihm ein, da war doch mal
sein Gegenteil, allein, was gäb er drum,
wenn er sie wiederfinden tät, de Lang.
Und auch der selbst zur gleichen Zeit,
so wies da Teufel will,
fällt ein der Kurz, ja lang ists her,
sechzehn Joahr bestimmt,
ob wohl aus ihm geworden is?
Was gäb sie drum, es zu erfahrn.
Allein der Kurz lebt in Würzburg mittlerweil,
während de Lang nach Langenlois gezogn is.
Er hat geheiratet sich eine Marianne,
sie ist verfallen einem Heinz,
das scheints ist Schicksal. Jedem seins.
So treffen sie sich nie.
Zeug
Da Gigerl, da Gogerl,
den Herbert sein Hund,
de hätn, i was net,
vor ollem oaba ans,
weils wissen, wias geht.
I kenn wem, der kennt wen,
der selber wen kennt,
und der soil, so sogt man,
selber es gsegn hobn,
fost ganz allan:
In Gigerl, in Gogerl,
in Herbert sein Hund,
wias tuan ham, i was net,
hauptsächlichst ans,
weils wissen, wias geht.
Rezensionen
Sabine E. Selzer: Franzobel, „Met ana oanders schwoarzn Tintn“Für die einen ist es Unsinn, für die anderen ist es Kunst, Franzobel ist Geschmacksache. Die einen sind verärgert, die anderen amüsiert, nicht jeder nimmt die Texte ernst, vielleicht leidet so mancher Autor darunter, daß das Publikum heute nicht mehr so leicht zu provozieren und zu schockieren ist wie zu Zeiten von Handkes Publikumsbeschimpfung.
Franzobel wird dem Image „jung, respektlos, witzig“ auch in seinem neuesten Band einigermaßen gerecht. „Met ana oanders schwoarzn Tintn“ ist eine Sammlung von „Dulli-Dialektgedichten“, ein intertextueller Blödelspaß, der ohne H. C. Artmanns „med ana schwoazzn dintn“ nicht zu denken wäre und – wie die Schreibweise des Titels schon zeigt – an die Sache völlig anders herangeht.
Während bei H. C. Artmann der Dialekt noch eindeutig als Wienerisch erkennbar ist – Experten lokalisieren ihn noch genauer als „Braadenseearisch“ – ist Franzobels Transkription launisch, sein Oberösterreichisch ist von hochdeutschen Sprengseln durchwachsen und scheint manchmal ein wenig ins Kärntnerische zu changieren.
Aber vielleicht täuscht das auch alles, denn der Autor (seit dem Bachmann-Preis 1995 tatsächlich bekennender Wahl-Kärntner) lebt ja mittlerweile im Burgenland. Dieses österreichische Weltbürgertum könnte eventuell seinen schillernden Dialekt erklären.
Thematisch reicht die Palette von österreichischer Identitätsfindung (diffenziert nach Bundesländern), der Einsamkeit eines Kindes aus illustrer Familie, über Wiener Sozialwohnbau, Heurigengesang und blöde Witze bis zu Rittergedichten in Anspielung auf H. C. Artmanns „blauboad 1“ und „blauboad 2“ sowie Trinkgelagen, die man sich von „Attwenger“ vertont als echten Ohrenschmaus vorstellen könnte.
Komplettiert wird die Kuriositätensammlung durch eine Reihe von „Fotografien aus dem Fundus Franzobel“, einer bunten Mischung in Schwarz-weiß aus Feizeitgestaltung, Familienidylle und Wohnkultur der 50er und 60er Jahre, eine ironische Hommage an eine „gute alte Zeit“, denn es scheint ja fast nur gute alte Zeiten zu geben. Wer die glücklichen Menschen auf den Bildern wohl sind, darüber können sich Germanisten späterer Generationen einmal den Kopf zerbrechen, der Text gibt darüber jedenfalls keine Auskunft. Das Bild eines Kleinkindes in der Badewanne läßt die vage Vermutung zu, daß es sich um eine frühe Aktaufnahme des Autors handeln könnte, was aber bisher nicht zweifelsfrei erwiesen ist.
Im allgemeinen ist „Met ana oanders schwoarzn Tintn“ ein nahezu freundliches Buch in jedenfalls liebevoller, bibliophiler Gestaltung, die Bosheit des Autors hält sich diesmal in Grenzen, die Dulli-Dialektgedichte laden ein zum vergnüglichen Lesen, Vorlesen und Wiederlesen – und zum Lachen (obwohl manches Schmunzeln vielleicht ein wenig süß-sauer schmeckt).
(Sabine E. Selzer, Rezension im Buchmagazin des Literaturhaus Wien vom 25. Jänner 2000)
http://www.literaturhaus.at/index.php?id=1017
u.we.: Nur kein Schmalz
Seine Vielseitigkeit und Produktivität haben etwas beinahe Beängstigendes. Er kann alles, und das stellt er mehrmals jährlich mit Dramen und Prosa und Gedichten und – bei österreichischem Bedarf – sogar mit Essays zur Politik unter Beweis. Seit der Zuerkennung des Ingeborg-Bachmann-Preises ist Franzobel aus der literarischen Szene seiner Heimat jedenfalls nicht mehr wegzudenken.
Der Titel des Bandes mit Dialektlyrik spielt direkt auf ein großes Vorbild an. „Met ana oanders schwoarzn Tintn“ ist naturgemäß eine Hommage an H. C. Artmanns legendäres Erfolgsdebüt von anno 1958. Dessen Devise, „nua ka schmoez ned …“ (nur kein Schmalz), scheint auch Franzobels Motto zu sein. Lieber gibt er sich mit Makabrem, mit groteskem Humor und Moritaten ab. Und trotzdem: Hin und wieder glaubt man, einen Zipfel von Gemütlichkeit und harmlosem Scherzando zu erhaschen. Doch dürfte der Dichter noch durch eine andere Schule gegangen sein. Manchmal, so bei „Saufn“, schaut er der Jandlschen Poetik und Praxis sehr neugierig über die Schulter. Das soll nicht als Vorwurf gedacht sein. Allein: Diese Art der Dialektpoesie, die sich eben nicht als Hymne an das „Weanaheaz“ versteht, interessiert im Grunde nur dann, wenn sie durch neue Wege, durch ihren experimentellen Charakter verblüfft. Das Schreiben nach bekannten Weisen mag mit formaler Intelligenz und exotischem Klang beeindrucken, es bleibt doch in der Manier und in der zuweilen virtuosen Etüde stecken. Da ist man versucht, den munteren Wortmusikanten zu zitieren: „Olles scho dogwesn.“ Wenn aber die Ökonomie der Mittel stimmt – möglichst viel Effekt bei möglichst geringem Aufwand –, sind wir sofort versöhnt. Franzobels Zeilen über das Anderssein sprechen für sich und für ihn. Und die vom Doppelsinn lebende Pointe braucht den Kunstdialekt nicht mehr: „Komplett oanders is er hoit, / er ist verschieden, nämlich tot.“
(u.we., Rezension in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 10. Februar 2000, S. 50)
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/rezension-belletristik-nur-kein-schmalz-110246.html
Weitere Bücher des Autor*s im Verlag:
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An der schönen greenen blauen Donau
Austrian Psycho oder der Rabiat Hödlmoser
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